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Ihr aktueller Aufenthaltsort:  Aktuelles - > Der Deichgraf von Brauersdorf geht in den Ruhestand<



Brauersdorf, 23. April 2009



Brauersdorfer Stauwärter erklomm in 27 Jahren über 14 Millionen Treppenstufen


Siegfried Waldrich:
Der Deichgraf vom Talsperrendamm


Von Peter Helmes (Siegener Zeitung)


Manche nennen Siegfried Waldrich respektvoll den „Deichgrafen“. Dabei besitzen Talsperren gar keinen Deich, sondern einen Damm.

Nein, klaustrophobisch veranlagt sollte man nicht sein, wenn man den Wasserturm oder die Herdmauer der Obernau-Talsperre betritt. Menschen mit Raum- oder auch Höhenangst bleiben besser draußen.

Elf Stockwerke á fünf Meter blickt man im Wasserturm in die Tiefe. 290 Stufen zählt die Wendeltreppe, die sich nach unten hin trichterförmig zu verengen scheint. Natürlich nur eine optische Täuschung


Trittsicher: Dirk Müller, Geschäftsführer des Wasserverbands
Siegen-Wittgenstein (l.) und Stauwärter Siegfried Waldrich im Wasserturm
der Obernau-Talsperre.                                   Foto: Peter Helmes (SZ)



Noch mehr Stufen – nämlich 387 – umfasst der Kontrollgang in der so genannten Herdmauer, ein stollenähnlicher Verbindungstrakt. Woher der Name herrührt, vermögen nicht einmal Dirk Müller und Siegfried Waldrich mit allerletzter Gewissheit zu sagen. Müller ist Geschäftsführer des Wasserverbands Siegen-Wittgenstein (WVS), Waldrich seit 27 Jahren Stauwärter an der Obernau- und Breitenbach-Talsperre und nach seinem Resturlaub ab 1. Mai offiziell Ruheständler.

Die Dienstwohnung im Wärterhaus neben dem Damm hat die Familie bereits verlassen und ihre eigenen vier Wände in Siegen bezogen. Auch der Nachfolger steht schon fest: Lars Rossmanith aus Wuppertal. Bis dahin trägt Uwe Müller die alleinige Verantwortung. Nun ist der Beruf eines Talsperrenwärters alles andere als alltäglich. Was Siegfried Waldrich allerdings so außergewöhnlich macht: Mehr als 14 Millionen Treppenstufen hat der in Kürze 65-Jährige während seiner Dienstzeit in dieser Funktion unter die Füße genommen. Ohne Dopingmittel.'

„ In Anerkennung hervorragender Leistungen als bester und ausdauerndster Treppenläufer der Nation“ überreichte ihm die Geschäftsführung zum Abschied ein Zertifikat. Darin zieht sie aufschlussreiche Vergleiche: „1576 Stufen müssen die Läufer bis zum 86. Stock des Empire State Buildings überwinden. Herr Waldrich hat während seiner 27-jährigen Tätigkeit beim Wasserverband Siegen-Wittgenstein diese Anzahl an Stufen um ein Vielfaches überwunden: rund 1600 Stufen am Tag = 11 200 Stufen in der Woche = 582 400 Stufen im Jahr. Unter Berücksichtigung verschiedener Besonderheiten ergeben sich 14 025,450 Stufen in 27 Jahren! Das bedeutet: Herr Waldrich hätte das Empire State Building während seiner Dienstzeit rund 24 350 Mal emporklettern können.

Auf einem Spickzettel hat WVS-Geschäftsführer Dirk Müller noch einen anderen Vergleich herangezogen. Demnach legte Siegfried Waldrich umgerechnet gut 2,5 Millionen Höhenmeter zurück. Das entspricht 141 Mal den Mount Everest oder 422 Mal die Zugspitze rauf und runter.


Für den Nachfolger wird zur Zeit die
Dienstwohnung an der Talsperre umgebaut.

"Mädchen für alles" mit besten Kontakten

Zuständig für Obernau und Breitenbach samt Nebentälern, war Siegfried Waldrich quasi ein „Mädchen für alles“, und das sieben Tage in der Woche. So jedenfalls verstand er seinen Job, den er mit Herzblut versah.

Neben täglichen Routinediensten, Besucherführungen und anderen Aufgaben galt es immer wieder, Schürfwunden zu „pflastern“ oder andere kleinere Wehwehchen zu verarzten. In die Brauersdorfer Ortsgemeinschaft war und ist er fest integriert, zu Anglern und Jägern besitzt er gute Kontakte. Dadurch, bestätigt Dirk Müller, ließ sich manches unbürokratisch auf dem „kleinen Dienstweg“ abwickeln.



Tägliche Routinekontrollen prägen den Arbeitsablauf eines Stauwärters. Die Dämme in Brauersdorf und Allenbach gelten als sicher und stabil. Siegfried Waldrich kann sich aus technischer Sicht an keine nennenswerten Vorfälle erinnern. Was freilich kein Grund sein dürfe, in der Aufmerksamkeit nachzulassen. Unter die Haut gegangen sind dem Talsperrenwärter zwei Todesfälle Anfang der 90er Jahre. Ein Mensch beging Selbstmord im Nauholzer Vorbecken, ein Jugendlicher rutschte nach einer Abiturfeier in winterlicher Nacht ins eiskalte Wasser und ertrank.

Seine“ beiden Talsperren wird Siegfried Waldrich künftig mit anderen Augen betrachten: mit denen eines Besuchers. Auf dem Rad oder in Wanderschuhen. Die Jahre auf der Treppe haben ihn fit gehalten. Das hat schon so mancher ächzende Teilnehmer an einer Führung neidlos anerkennen müssen. Im Urlaub zieht es den scheidenden Stauwärter und seine Familie eher ans salzige Nordseewasser. Oder ins Gebirge.



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