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Ihr aktueller Aufenthaltsort: Unser Ort -> Geschichte > Glockenraub der Nazis in Brauersdorf und Nauholz<




Aus dem Glockenturm am Brauersdorfer Schülchen (vorne Bildmitte) holten die Nazis
1942 die kath. Glocke, während die ev. Glocke von 1761 im Turm den Spritzenhauses
(links hinter dem Glockenturm) unberührt blieb.



Im Verlauf der Geschichte verstummte jedoch das Glockengeläut in vielen Kirchtürmen und Schulkapellen unserer Region, weil die Glocken immer wieder der Rüstung zum Opfer fielen. In der Glockenbronze fand man das erforderliche Material für den Guss von Kanonen und anderer militärischer Gerätschaften. Es wurden unsagbare Werte an kulturhistorischem Gut vernichtet.

Bereits im 1. Weltkrieg wurden insgesamt rund 65.000 Glocken mit einem Gesamtgewicht von 21.000 Tonnen Glockenbronze eingeschmolzen. Auch im 2. Weltkrieg setzte sich die Zerstörung mit rund 80.000 Glocken fort (einschl. besetzter Länder). Es wurden noch strengere Maßstäbe als 1917 zu Gunsten der Rüstungsindustrie erlassen. Vor allem auf die Glocken aus dem 16. und 18. Jahrhundert griff man zurück.


So auch in den beiden Dörfern Brauersdorf und Nauholz, die vor 60 Jahren zwei „Glockenopfer“ für den 2. Weltkrieg erbringen mussten. „Überlebt“ haben die beiden anderen alten Glocken aus Brauersdorf (1761) und Obernau (1790), die in Afholderbach von der Glockengießerei Knebel gegossen wurden.

Die Gemeinde Nauholz bekam 1950 ebenso wieder eine neue Glocke wie auch im gleichen Jahr die kath. Kirchengemeinde St. Martini in "Brauersdorf." Als Notglocke diente von 1942 bis 1950 in Brauersdorf die Häfte einer Fliegerbombe.



Die Nauholzer Glocke

In Nauholz „bimmelte“ die alte Glocke im Schulkapellchen bei Trauerfällen im Dorf, zu Beginn der katholischen Marien-Andachten im Mai und am Anfang der evangelischen Gottesdienste und Bibelstunden, bevor sie 1941 endgültig für den „totalen Krieg“ verstummte. Alma Niklaus, geb. Hoffmann, erinnert sich nur noch vage: „Sie wurde im Krieg abgeholt“.

Am 7. April 1949 beschloss der Nauholzer Gemeinderat formell die Anschaffung einer neuen Glocke. Beauftragt wurde damals die Glockengießerei Rincker in Sinn (Hessen), die am 24. Februar des gleichen Jahres bereits ein Angebot unterbreitet hatte. Die Neunanschaffung war bereits länger geplant, da die Nauholzer schon im Etat 1948 einen Betrag von 370 Mark angespart hatten. Im nächsten Jahr wurden weitere 400 DM für die Glocke bereitgestellt, so dass die Finanzierung stand. Nach einem Protokoll vom 7.12.1949 wurde die Auslieferung der Glocke für Februar 1950 angekündigt. Laut Rechnung der Fa. Rincker vom 24. Mai 1950 an die Gemeinde Nauholz, betrug der Preis für die Bronzeglocke einschließlich Klöppel, Drahtseil etc. 367,80 DM. Die Glocke wog 72 kg und hatte den Ton „gis“.

Heute noch können sich viele Nauholzer an den feierlichen und auch zugleich bedrückenden Akt der Anlieferung erinnern. So auch der Nauholzer Fritz Hermann Klappert (wohnt heute in Deuz), der die Entstehungsgeschichte der zweiten Nauholzer Glocke stets begleitet hat. Viele Gemeinderatsprotokolle aus Nauholz trugen zur Aufarbeitung bei. Robert und Heinrich Schäfer sowie Wilhelm Krämer und Wilhelm Höcker holten mit einem Wagen die geschmückte Glocke vom Weidenauer Bahnhof ab. Sie wurde im Dachgebälk des Dreschschuppens befestigt.



Die WESTFALENPOST schrieb in der Ausgabe vom 11.5.1950: „ Als die Glocke der kleinen Gemeinde zur Führung des „totales Krieges“ abgegeben werden musste, fühlten sich die Einwohner verwaist. Sie entbehrten vor allen Dingen beim Heimgang ihrer Lieben den vertrauten Klang des Glöckleins. So ist die Inschrift der unter finanziellen Opfern aller Familien finanzierten Glocke „Den Toten zum Andenken, den Lebenden zur Mahnung“ einem inneren Bedürfnis entsprungen“


Friedrich Hinkel (Äckert´s Frieder) läutete die Glocke zum ersten Mal. Der erste Glockenklang, der nach neun Jahren im stillen Tal ertönte und alle mit großer Andacht erfüllte, galt den verstorbenen und gefallenen 21 Einwohnern sowie vier vermissten Soldaten. Kaum eine Familie in Nauholz war nicht betroffen, als die Namen der Toten verlesen wurden. „Bei „Fuhrmanns“ waren es vier, nämlich Heinrich und Emma Höcker, der gefallene Sohn Emil und der einquartierte Schlesier Hermann Niklaus“, erinnerte sich Alma Niklaus, die später Hermanns Sohn Gert heiratete. Bewegende Worte sprachen Bürgermeister Holderberg, Pastor Röhrig und Vikar Schriek aus Netphen.

Noch im gleichen Jahr starb Äckert`s Frieder. Er war der erste Verstorbene in Nauholz, für den die neue Glocke geläutet wurde. Bis zum Ende des Dorfes Nauholz im Jahr 1968 war Robert Schäfer („Benner´sch Robert“) für das Geläut verantwortlich.


!968, als Nauholz dem Talsperrenbau weichen musste, wurde die Glocke vor dem Abbrennen des kleinen „Schülchens“ und des Dreschschuppens abgehängt. Der frühere Bürgermeister Eberhard Brühl (Daub´s Eberhard) bewahrte sie in seinem neuen Haus in der Waldenburger Straße in Netphen auf. Als Brühls 1974 nach Kanada auswanderten, zog auch die Glocke um und zwar ein paar Häuser weiter in den Heizungskeller des Waldgenossenschaftsvorsitzenden Karl Weber ( Krämer´sch Karl). 1980 fand die Nauholzer Glocke zusammen mit den anderen Glocken aus Brauersdorf und Obernau im Glockenturm in Brauersdorf ein neues Zuhause.


Die Obernauer Glocke

Auch die Obernauer Glocke aus dem Jahr 1790, in Afholderbach von der Glockengießerei Knebel gegossen, hat eine bewegende Geschichte hinter sich. Karl Schäfer (70) aus Obernau wohnt heute in Brauersdorf, kann sich noch gut erinnern: „ Das kleine Glöckchen rief uns zum Hand- und Spanndienst und läutete natürlich auch zu den Beerdigungen, und zwar so lange, bis das der Leichenzug das Obernauer Gebiet verlassen hatte.“

Da Obernau wie auch Nauholz und Brauersdorf keinen eigenen Friedhof hatten, wurden die Verstorbenen nach Netphen gebracht. Karl Schäfer: „Wenn wir durch Brauersdorf kamen, dann läutete auch da die Glocke“. Bevor die1770 erbaute Kapellenschule 1968 für die Talsperre abgerissen wurde, verschwand die historische Glocke. Entsetzen herrschte in dem kleinen Dorf Obernau über den Diebstahl ihres Schulglöckchens.

Ein paar Monate später entdeckte Jagdpächter Hubert Groos bei einem Pirschgang die Glocke in der Gemarkung „Lückenbach/Oley (Obernauer Leyberg)“, links vor dem Obernauer Weiher. Fortan hütete sie Willi Stötzel und später sein Sohn Friedrich im Obernauer Weg in Brauersdorf wie ihren eigenen Augapfel, bis sie 1980 in den gemeinsamen Glockenturm umzog.


Die Brauersdorfer Glocken

Das gleiche Schicksal wie der Nauholzer Glocke traf auch die alte kath. Brauersdorfer Glocke in einem Holzturm neben der kath. Schule an der Dorfstraße (heute „Unter den Linden“). Den Glockenturm hatte damals Otto Wagner neben einem Fachwerkschuppen gebaut. Die ehemalige kath. Schule steht übrigens heute noch im verbliebenen Teil des alten Ortskerns. Sie wurde anfangs als Schreinerwerkstatt und Unterkunft für Kriegsflüchtlinge genutzt und ist heute als Einfamilienhaus im Privatbesitz.

Als Notglocke diente zunächst in Brauersdorf die Häfte einer Fliegerbombe, die von Heinrich Kölsch bei der Siegener Eisenbahnbedarf in Dreis-Tiefenbach (Waggon-Union) gefertigt wurde. Diese Kriegsglocke läutete von 1942 bis 1950.

Auch die Kriegsglocke, viele Jahre im Besitz von Heinrich Schäfer, fand im neuen Glockenturm als „stummer Zeuge“ ein Domizil. Sohn Wolfgang übergab sie als Leihgabe an den Glockenturmverein. Anders dagegen die „bessere Häfte“ der Fliegerbombe: Sie läutet im eigens dafür gebauten Mahnturm auf dem Helgersdorfer Dorfplatz.

Unberührt vom Zugriff der Nazis blieb die zweite Brauersdorfer Glocke (ev. Kichengemeinde) aus dem Jahr 1761. Sie war anfangs in der ev. Kapellenschule (Standort heute unterhalb des Talsperrendammes), untergebracht. Bei einem Sturm wurde die aus Holz gebaute Kapellenschule 1859 von einer umstürzenden Weide total zerstört. Die Schule baute man danach gegenüber dem Gasthof Werthenbach mit Ziegeln wieder auf. Die Glocke bekam nebenan im Spritzenhaus ein neues Domizil. Die Odyssee der ev. Brauersdorfer Glocke war noch nicht zu Ende. 1968 musste sie wieder umziehen, als Bagger und Planierraupen für den Talsperrenbau anrückten und neben den kompletten Dörfern Obernau und Nauholz, auch das Spritzenhaus und einen Teil von Brauersdorf dem Erdboden gleich machten.

Die kath. Glocke wurde von Martin Werthenbach in seinem neuen Haus in Brauersdorf aufbewahrt, während die ev. Glocke im Haus von Hermann Otto untergebracht war, bis 1980 der gemeinsame Glockenturm seiner Bestimmung übergeben wurde.



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