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Ihr aktueller Aufenthaltsort:  Aktuelles - >Ein Tal der Erinnerungen<



Obernau, 24. Dezember 1967:

"Zum letztenmal Weihnachtskuchen aus dem Backes

Das Weihnachtsfest in Obernau ist mit einem Hauch von Wehmut überzogen




Weihnachten 1967 vor dem Obernauer Backes im Oberdorf. Der letzte Weihnachtskuchen wurde gebacken. Hintere Reihe v.l.: "Schmallebachs" Anna Wethenbach (Werthenbach),"Pädersch" Leni (Groos), "Hüssches Agnes" (Groos), "Pädersch" Marlene (Groos) - vorder Reihe v.l.:  "Schmallebachs Uwe (Werthenbach), Pädersch Christel (Groos), "Scheffe" Margit (Schmallenbach).           WP-Fotos: Schulte






So schön war mal Obernau. Das kleine Dorf mußte ebenso wie Nauholz komplett dem Talsperrenbau weichen. Nur in Brauersdorf wurde ein Teil der Häuser abgerissen.


Obernau. (WP 24.12.1967) Im WP-Archiv hat die Redaktion von brauersdorfer.de zurück geblättert. Menschen aus dem Obernau- und Nauholztal erzählen von Weihnachten aus der Heimat.

Nach der Reportage im letzten Jahr von der damals 90jährigen Theresia Wagener ("Hirte Drees") aus Nauholz, die 1967 Weihnachten zum ersten Mal nicht in ihrer geliebten Heimat Nauholz feierte, möchten wir Sie an eine kleine Weihnachtsgeschichte aus dem früheren Dorf Obernau erinnen. Vor 37 Jahren, wenige Tage vor Weihnachten, buken Obernauer Frauen zum letzten Mal Weihnachtskuchen im Backes.



Eine kleine Gruppe war es, die sich in den letzten Tagen vor Weihnachten am Backesofen in Obernau traf. Die noch im Dorf wohnenden Hausfrauen waren gekommen, um zu letzten Mal ihre Weihnachtskuchen im gemeinschaftlichen Backofen zu backen. Nächstes Jahr zur Weihnachtszeit dürfte in Obernau kein Haus mehr stehen und damit ein altes Siegerländer Dorf vom Erdboden verschwunden sein.

Doch die alteingesessenen Hausfrauen, die in den paar noch verbliebenen Häusern wohnen, wollen das ihnen verbriefte Backrecht zur Vorweihnachtszeit noch einmal in Anspruch nehmen. Zwar hat der Wasserverband Siegerland das Fachwerkhäuschen bereits erworben, aber die Backesgenossenschaft hatte darauf bestanden, dass dieses Backrecht erst erlischt, wenn auch das letzte Obernauer Haus verschwunden ist.

Vor dem Backes kam es zu dem beliebten Schwatz, und man erfuhr, daß in den schlechten Zeiten der Weihnachtskuchen oft auch aus Buchweizen, der „Haifong“ genannt und im gehackten Hauberg gezogen wurde, bestanden hat. Auch war es früher Sitte, für die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr die sogenannten Bäckeln im Backes herzustellen – dünne runde Brote, die mit Butter und selbstgeschleudertem Honig verzehrt wurden. Viele Jahre war der Backes neben dem Haus des letzten Bürgermeisters Karl Groos ein beliebter Treffpunkt der Frauen des Dorfes. Dort hörte man die Neuigkeiten und schaute auch interessiert auf das Backblech der Nachbarn.

Frau Werthenbach erzählte von einem Bienenschwarm, der seit fast sieben Jahren in ihrem Gasthaus zur Untermiete wohnt. Werthenbachs denken nicht daran, etwa den Fußboden aufzureißen „Mir hadde ad grad genoch he däd Johr bed dä Wäsbe z´ do“, erinnerte sich der Sohn des Hauses. Im übrigen befindet sich das neue Haus Werthenbach zwischen Netphen und Brauersdorf bereits im Bau, und natürlich wird in diesem Haus eine Gaststätte zu finden sein.




Auf kräftiges Mengen kommt es an, wenn aus dem Hefeteig ein schmackhafter Weihnachtskuchen werden soll. Agnes Groos, versteht sich auf das alte Backhandwerk.



Den „Backesschössel“ weiß „Pädersch“ Leni zu handhaben, wenn sie ihre Kuchen aus dem Backesofen zieht. Schmallenbachs Anna und „Hüssches“ (Groos) Agnes (rechts) sind ebenfalls gespannt, ob der letzte Weihnachtskuchen aus Obernau gut geraten ist.

Fünf Häuser stehen noch in Obernau, alle anderen wurden bereits zum Teil „warm abgebrochen“. Tagelang hängt dann der Brandgeruch über den Baumkronen, und wenn nachts der kalte Wind duch die Fensterhöhlen pfeift, glimmt das Holz hier und da gespenstisch auf.

Die letzten Obernauer sind vor Weihnachten nicht zu beneiden. Kein Linienomnibus hält mehr in der Dorfmitte, der Talsperrenbau hat die Zufahrtsstraße von Brauersdorf arg in Mitleidenschaft gezogen. Die Menschen kommen sich verlassen vor und sehnen den Tag des Umzugs in ihre neuen Häuser herbei.

Das Bürgermeisterschild hat seit 1965, dem Beginn des großen Auszuges, mehrmals die Haustür gewechselt. Gegenwärtig hängt es am Haus Groos, aber der Bürgermeister ist selten dort anzutreffen. Jede freie Stunde verbringt er in der Jungen Ecke in Netphen, wo sein neues Anwesen heranwächst.


Viele Bürgermeisterpflichten hat er ohnehin nicht mehr zu bewältigen. Seine ihm anvertrauten Obernauer werden auch ohne ihn die letzten Wochen und Monate überstehen.

Das Weihnachtsfest in Obernau ist darum von einem Hauch der Wehmut überzogen. Der Jugend wird es leichter sein, sich in fremder Umgebung zurechtzufinden. Doch für die Alten hängen viele Erinnerungen an diesem idyllischen Ort, und ihre Wurzeln sind tief in Obernauer Erde eingegraben. Die Siegerländer, die durch die Obernautalsperre bald jeder Wassernot enthoben sind, sollten sich dieses Opfer erinnern, das in Obernau, Nauholz und Brauersdorf zum Wohle aller Bürger erbracht werden musste.



Zwei Backhäuser hatte der Ort Obernau. Ein Haus stand im Oberdorf (Bild links) und das andere (rechts) war im Unterdorf, direkt neben dem Haus von "Hüssches" Karl Groos.



Im Unterdorf hatten die Familien von Vitt ("Däjeses"), Grooses ("Hüssches") und Kleins ("Älteste" die Anteile. Im Oberdorf waren mehrere Familien in der Backesgemeinschaft und zwar: Groos ("Pädersch"), Bender ("Grobe"), Hasselbach ("Krause"), Schäfer ("Jockebes"), Bender ("Mende"), Weber ("Armes"), Giesler ("Gieslers"), Schmallenbach ("Scheffe") und Schmidt ("Hasse").



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